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Kindergrundsicherung

Die Kindergrundsicherung steht seit Jahren auf dem Wunschzettel aller Sozialverbände. Vorrangig, um Kinderarmut gezielter zu bekämpfen. Überdies, um den Wust an Töpfen, die für Familien und Kinder geschaffen wurden, zu bündeln. Denn obwohl viele Haushalte Anspruch auf Leistungen vom Staat hätten und damit die eigene finanzielle Basis stärken könnten, werden die Mittel nicht eingefordert. Gründe dafür sind fehlende Informationen und ein viel zu kompliziertes System. Spätestens ab dem Jahr 2025 soll die Kindergrundsicherung Abhilfe schaffen.

Jedes fünfte Kind lebt in Armut

Dass ein solcher Schritt bitter nötig ist, darauf wird Jahr für Jahr aufs Neue hingewiesen. Derzeit lebt jedes fünfte Kind in Deutschland in Armut. Das ist beschämend und lässt den Deutschen Gewerkschaftsbund schon heute eine düstere Zukunft malen: Durch Armut werde den Jüngsten jede Zukunfts- und Entwicklungschance geraubt. Der Sozialverband VdK bringt es noch deutlich auf den Punkt: Soziale Benachteiligung wird Kindern in die Wiege gelegt. Nötig sei ein Neustart, indem die wichtigsten familienpolitischen Leistungen gebündelt werden. Genau diesem Anspruch soll die Kindergrundsicherung gerecht werden.

Entwurf zur Kindergrundsicherung

Noch ist es nur ein Entwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), der für die Kindergrundsicherung vorliegt. Er gibt in groben Zügen wieder, was seitens der Verbände und Gewerkschaften immer wieder vorgebracht wird. Wie wichtig das Thema ist, belegt der erste Satz der Präambel:

„Die Einführung der Kindergrundsicherung ist eines der zentralen familien- und sozialpolitischen Vorhaben der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode“.

Das Gesetzgebungsverfahren soll nach der Sommerpause 2023 beginnen, wobei sich jetzt schon erste Diskussionen innerhalb der Regierung abzeichnen. Schließlich geht es um sehr viel Geld: Zwölf Milliarden Euro soll die Kindergrundsicherung kosten.

Zwei Komponenten

Geplant ist ein System, das sich aus zwei Komponenten zusammensetzt. Dadurch soll die Kindergrundsicherung sozial gerecht kalkuliert werden. Part eins ist der einkommensunabhängige Garantiebeitrag, Part zwei ein Zusatzbetrag, der sich nach dem Alter des Kindes und den Einkommen von Eltern und Kind richtet.

Garantiebeitrag

Der einkommensunabhängige Garantiebeitrag tritt die Nachfolge des Kindergelds an und soll in gleicher Höhe (aktuell 250 Euro) gezahlt werden. Beibehalten werden auch die Voraussetzungen, um die Kindergrundsicherung zu erhalten. Anspruch besteht demnach zunächst bis zum 18. Lebensjahr und darüber hinaus bis zum 25. Lebensjahr, wenn eine Ausbildung absolviert wird. Der Antrag erfolgt über die Steuer-ID und wird direkt bis zum 18. Lebensjahr bewilligt. Belege für einen längeren Bezug der Kindergrundsicherung können später elektronisch eingereicht werden.

Zusatzbetrag

Voraussetzung für den Zusatzbetrag ist der Anspruch auf den Garantiebetrag. Über den Zusatzbetrag werde sichergestellt, „dass Kinder und Jugendliche mit der Kindergrundsicherung bedarfsgerecht finanziell unterstützt werden“. In der Summe soll die Kindergrundsicherung dann nicht höher sein, als das „pauschale altersgestaffelte Existenzminimum“, das den Regelbedarfen nach dem SGB II, den Wohnkosten sowie den Leistungen für Bildung und Teilhabe entspricht. Im Zusatzbetrag enthalten sein sollen eine Kinderwohnkostenpauschale von 150 Euro, eine Pauschale von mindestens 15 Euro für die Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben und gegebenenfalls die Leistungen, die aktuell für den Schulbedarf gezahlt werden. Die genaue Berechnung wird sich dann am Einkommen orientieren. Hierfür werden die Steuerdaten herangezogen und das Elterneinkommen angerechnet.

Der Zusatzbetrag nimmt im Entwurf des Ministeriums sehr viel Raum ein. Einer der Gründe: Dieser Baustein soll nur subsidiär gewährt werden. Das heißt, es müssen erst alle übrigen Leistungen ausgeschöpft sein, um überhaupt einen Zusatzbetrag zu erhalten.

Beispiele für den Zusatzbetrag:

  • Bei Unterhaltsleistungen oder einem Unterhaltsvorschuss sei ein Zusatzbeitrag nicht nötig, heißt es im Entwurf für die Kindergrundsicherung.
  • Beziehen Eltern Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII, sollen Kinder automatisch den höchsten Zusatzbetrag erhalten.

Neudefinition des soziokulturellen Existenzminimums

Ein entscheidender Punkt bei der abschließenden Konzeption wird der Begriff des „soziokulturellen Existenzminimums“ sein. Hier steht eine Neudefinition an, die neben einer Neugestaltung des Bildungs- und Teilhabepaketes auch die Neuberechnung der altersgerechten Regelbedarfe umfasst. Hier möchte man sich künftig mehr an der gesellschaftlichen Mitte orientieren. Zur Information: Der aktuelle Verteilungsschlüssel ist über 20 Jahre alt. Neuerungen werden vor allem die Bereiche Strom und Haushaltseinrichtung betreffen. Ziel:

„Die Realität sachgerecht abbilden.“

Niedrigschwelliger Zugang

Für die Kindergrundsicherung soll, so die Behörde, eine bundeseinheitliche Verwaltung „mit guter Erreichbarkeit und niedrigschwelligem Zugang“ geschaffen werden. Angestrebt wird eine einfache, unbürokratische und bürgernahe Ausgestaltung samt digitalem Portal und einem automatisierten Kindergrundsicherungs-Check. Zusätzlich möchte das Ministerium bundesweit Anlaufstellen zur persönlichen und digitalen Beratung schaffen.

Ähnliche Überlegungen hatte schon die vorige Regierung veröffentlicht und eine interministerielle Arbeitsgruppe geschaffen. Die damalige Bundesarbeitsministerin Anne Spiegel erklärte im März 2022: „Wir wollen mit der Kindergrundsicherung bessere Chancen für Kinder und Jugendliche schaffen und konzentrieren uns auf die, die am meisten Unterstützung brauchen.“ An diesem Gedanken hat sich bis heute nichts geändert. Er ist Grundlage gleich mehrere Konzepte, die für eine Kindergrundsicherung vorliegen, so auch vom DGB.

Welche Ziele werden mit der Kindergrundsicherung verfolgt?

Mit der Kindergrundsicherung werden mehrere Ziele verfolgt. Das Ministerium erhofft sich:

  • einen umfassenden Familienleistungsausgleich
  • ein effizientes Mittel im Kampf gegen Kinderarmut
  • weniger Bürokratie – unter anderem durch die Vermeidung von Doppelstrukturen
  • eine bessere Verteilungsgerechtigkeit
  • die öffentlichen Haushalte nicht zu überlasten
  • Kinder und Jugendliche aus dem SGB II/SGB XII Leistungsbezug zu nehmen

Welche Leistungen sollen mit der Kindergrundsicherung gebündelt werden?

Als Gesamtpaket (das Ministerium spricht vom Vollausbau) umfasst die Kindergrundsicherung künftig:

  • Kindergeld/ steuerliche Kinderfreibeträge
  • Kinder-Bürgergeld nach dem SGB II
  • Leistungen der Sozialhilfe nach SGB XII für Kinder
  • Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz für Kinder
  • Kinderzuschlag nach § 6 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG)
  • Teile des Bildungs- und Teilhabepaketes (BIldungspaket) nach § 6b BKGG bzw. § 28 SGB II bzw. § 34 SGB XII

Kurzum: Es wird ein Teil der rund 150 familienpolitischen Leistungen gebündelt.

Wann kann der Antrag auf Kindergrundsicherung gestellt werden?

Den Planungen zufolge soll die Antragstellung mit der Geburt des Kindes erfolgen. Als Nachweis dient die Steuer-ID des Kindes, wie es bereits jetzt schon beim Kindergeld der Fall ist.