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Lindner: Kindergrundsicherung muss überarbeitet werden

Drei Millionen Kinder in Deutschland sind von Armut bedroht oder davon betroffen. Doch statt mit der Kindergrundsicherung eine echte Hilfe im Kampf gegen Kinderarmut auf den Weg zu bringen, wird in der Koalition weiter gestritten. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) geht inzwischen so weit, dass er eine Überarbeitung des Konzepts fordert. Das würde die Umsetzung der Kindergrundsicherung meilenweit zurückwerfen. Schon jetzt ist ein halbes Jahr vergangen, seit die Idee das Kabinett passierte.

Zwei Kritikpunkte

Zwei Punkte stören Christian Lindner am aktuellen Konzept der Kindergrundsicherung. Einerseits der überproportionale Verwaltungsaufwand mit 5.000 neuen Beamten und entsprechend hohen Kosten. Der Bundesfinanzminister setzt stattdessen auf weniger Bürokratie und mehr Digitalisierung. Andererseits verleite die Kindergrundsicherung dazu, sich auf höheren Sozialleistungen auszuruhen, statt zu arbeiten. Sein Fazit: „Es muss nachgearbeitet werden.“

Zu viele neue Stellen

Der bislang größte Streitpunkt ist die Zahl der neuen Stellen, die im Kontext der Kindergrundsicherung geschaffen werden sollen. Berechnet wurde der Personalbedarf von der Bundesagentur für Arbeit (BA). Die 5.000 neuen Beamten seien, so Regierungssprecher Steffen Hebestreit, eine Zielgröße. Die konkrete Ausgestaltung werde im parlamentarischen Verfahren geklärt. Ziel sei eine „möglichst effiziente Lösung“.

Familienkasse ertüchtigen

Neue Zahlen liegen allerdings noch nicht auf dem Tisch. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne), aus deren Feder das Konzept zur Kindergrundsicherung stammt, geht inzwischen davon aus, dass man „perspektivisch“ auch mit weniger Personal auskomme. Es werde schließlich keine neue Behörde geschaffen, sondern die Familienkasse ertüchtigt.

Zu wenige Arbeitsanreize

Der zweite Kritikpunkt basiert auf den Daten, die jüngst vom Münchener ifo-Institut und dem Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) veröffentlicht wurden. Demnach würden dem Arbeitsmarkt durch die Kindergrundsicherung 70.000 Stellen entzogen, weil Beschäftigte aufgrund der höheren Sozialleistungen zu Hause blieben und nicht länger arbeiteten.

Angesichts dieser Hochrechnung scheint Christian Lindner der Kragen geplatzt zu sein. Offenbar müssten 5.000 neue Stellen geschaffen werden, damit 70.000 Menschen keinen Anreiz mehr hätten, zu arbeiten. Er warnt: „Man stelle sich vor, dass wir Milliarden Steuermittel einsetzen, damit die ganze Stadt Aschaffenburg aus dem Arbeitsleben ausscheidet.“

Schmierentheater und Schlammschlacht

Kritik an dieser Debatte um „kleinteilige Fragen und Details“ kommt insbesondere vom Sozialverband VdK. Dessen Präsidentin Verena Bentele spricht von einer Schlammschlacht zwischen Grünen und FDP. Sie fordert von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), sich endlich zur Kindergrundsicherung zu äußern. Die Linke bezeichnet den Streit als „Schmierentheater“, bei dem das Ziel, Kinder aus der Armut zu holen, immer weiter in den Hintergrund rücke.

Titelbild: Africa Studio / shutterstock.com